Na, Ihr Besten?!💝
Während mein Geschirrspüler fröhlich vor sich hinrumpelt, poltert schon wieder dieser Muttertag herein. War das nicht erst gestern? Eine Woche lang habe ich dem Kind eingetrichert: Bitte keine Schokolade, bitte keine Blumen. Ich brauche tatsächlich nichts. Keine Grußkarten oder andere Erinnerungen daran, dass ich mich erfolgreich fortgepflanzt habe.
In meiner Kindheit war Muttertag ohnehin verpönt, weil es in meiner Familie mit Nazi-Ideologie assoziiert war. Muttertag war die Gateway-Drug zu einem Frauenbild, das grundsätzlich abgelehnt wurde.
Mir trödelt heute durch den Kopf, was über 3 Jahrzehnte Mutter-Sein mit mir gemacht haben. Deswegen hier mal völlig unsortiert:
🌺 Niemand isst für sich allein. Das bedeutet: entweder rechne ich damit, dass mir jemand Dinge von meinem Teller stibitzt oder ich bei anderen Tellern mitesse. Reste zum Beispiel. Mahlzeiten werden geteilt.
🌺 Ununterbrochener Schlaf ist ein erwähnenswertes Highlight.
🌺 Das Gefühl „Nach Hause zu müssen“, weil ein Kind da sein könnte, dass Beaufsichtigung oder Unterhaltung benötigt, lässt sich nur schwer abstellen. (Wenn mir das Abstellen mal gelingt, und ich mein Kommen und Gehen nicht vermelde, gibt es hier übrigens ein riesiges Theater. Kein Gag.)
🌺 Der Gedanke „Daraus könnten wir vielleicht noch was basteln!“ verhindert das Wegwerfen von unnötigem Blödsinn und ist nur schwer wieder loszuwerden.
🌺 Beim Sprechen gibt es einen beständigen Filter im Kopf. Von: Überraschungen nicht verderben bis hin zu: Ist das altersgemäß formuliert? Ist das TMI? Welchen pädagogischen Effekt könnte es im schlimmsten Fall haben?
🌺 Extrem gut Zwischentöne hören zu lernen und weggelassene Information beim Kind zu erkennen, ist die andere Seite dieser Medaille.
🌺 Das überraschende Gefühl animalischer Verteidigungsinstinkte, wenn dem Kind Gefahr droht, ebenso wie das Bewusstsein, dass das eigene Überleben irrelevant wird, wenn es darum geht, den Nachwuchs zu schützen.
🌺 Daran gekoppelt: eine ohnmächtige Wut, wenn der Nachwuchs seine Leben in Gefahr bringt. Es beginnt mit leisem Genörgel, wenn wetterunpassende Kleidung gewählt wird, bis zu löwenähnlichem Kampfschrei, wenn sich beim Überqueren der Straße Laxheit einschleicht.
🌺 Dann diese sonderbare Erfahrung, dass es mehr Spaß macht, etwas für den Nachwuchs zu kaufen als für sich selbst.
🌺 Und immer wieder diese Faszination zu beobachten: Was für eine bunte Blume in Gottes großem Garten wurde einem da anvertraut? Sah es anfangs noch aus wie ein kleiner Kaktus oder ein kleines Apfelbäumchen, zeigt sich mit den Jahren, was da tatsächlich für ein Wesen die Natur einem ins Nest gesetzt hat. Diese Entwicklung zu beobachten, zu begleiten, das ist tatsächlich eins der großen Geschenke.
Genau hier ist allerdings auch eine Stolperfalle eingebaut. Wir erinnern uns daran, was für ein sonderbares Pflänzchen wir selbst waren, was wir gebraucht hätten, was wir tatsächlich bekommen haben. Wenn wir danach unser Mutter-Sein ausrichten, klappt es nur bedingt, weil der eigene Nachwuchs wahrscheinlich ganz anders gestrickt ist, als wir selbst.
Hier kommt das unausweichliche Scheitern, was im blödsten Fall Schäden hinterlässt. Die Erfahrung, dass einem ein Job übergeholfen wird, für den es keine Ausbildung gibt, weil es diesen Job eben nur einmal im Universum geben wird, nämlich dieses eine Kind großzuziehen. Ein bisschen so, wie ohne Ausbildung oder – im ungünstigsten Falle – ohne jede Eignung in ein Düsenjet-Cockpit gesetzt zu werden.
Die Erfahrung, dass wir scheitern werden, Fehler machen, von denen wir manchmal erst viel später erfahren, dass es Fehler waren. Dass wir blöder Weise als Menschen eine Aufgabe anvertraut bekommen, die prophetische Qualitäten und göttliche Weisheit erfordert, und wir in der Regel nur sehr unzureichende Menschen sind.
Richtig blöd wird es übrigens, wenn Menschen Eltern werden, denen nicht mal für ein WE ein Hundwelpe anvertraut werden kann.
Im Podcast „We can do hard things“ wird eine Studie erwähnt (und wenn ich die Folge jemals wiederfinde, verlinke ich sie hier), die besagt, dass Eltern in 70% der Interaktionen mit Babys falsch reagieren und nicht erkennen, welche Bedürfnisse das Kind tatsächlich hatte. Die Bindung zwischen Eltern und Babys entsteht aber nicht durch die 30%, bei denen sie es gleich „richtig“ machen, sondern durch die Korrekturen, der 70% „Versager“. Als ob die Natur wüsste: „Ok, das kann nicht auf Anhieb klappen. Lass uns da mal einen doppelten Boden einbauen.“
Das Baby kommuniziert nämlich weiter: „Hey, das wollte ich gar nicht! Ich brauch… Guckt doch mal hin!“, und Eltern versuchen im besten Fall weiter bis sie (hoffentlich) irgendwann erraten, was das Problem war und es lösen. Die Bindung entsteht durch Dranbleiben, Kommunizieren, Rumprobieren und Akzeptieren, dass frau sehr oft mit ihrer Einschätzung daneben liegt. Und unermüdlich einfach weitermachen.
Irgendwie finde ich das enorm tröstlich.
So viel zu meinen unsortierten Gedanken.
Macht’s Euch fein.💝
P.S. die Analogie mit dem Düsenjet-Cockpit ist von Alida! Vielen Dank 🙂