… wo andere Urlaub machen

Na, Ihr Besten?

Boh, was war das für ein Monat. Erst meldete sich die Einhornbehörde: „Na, sagen Sie mal, also wir haben festgestellt, dass Sie atmen und existieren, also wir hätten gern drei Säckchen Gold von Ihnen.“ Na klar.

Dann schrieb der Bürgermeister von Koboldhausen: „Hä, der Termin zum Kobold-Kegeln ist doch gar nicht Freitag, das ist doch Samstag?“ 

Als nächstes gucke ich aus dem Fenster: Ein Druide fliegt mit seinem Kessel in Richtung Osten vorbei, gerade als ich mein Ränzlein schnüren und mit der Kürbis-Kutsche nach Elfendorf reisen will. Natürlich. Logisch. 

Was auch sonst.

Anscheinend hat der Wettergott Humor, denn immer, wenn ich nach Elfendorf muss, gibt es Sturmwarnung. Klar. 

Wo ich ohnehin schon so ungern in Elfendorf bin. Ok, ich bin ja auch nicht direkt in Elfendorf, ich bin in Klein-Elfen-Hintertupfingen, 30 km entfern von allem, was interessant oder hübsch ist. Der nächste Zauber-Markt ist drei Orte weg. Drei Orte!

Endlich im Dunkeln beim Gasthaus zum fröhlichen Elfen-Verspeiser angekommen, funktioniert erst der Schlüsseltresor nicht, also rufe ich eine Zauberformel in meinen Glücks-Handschmeichler, worauf ein Waldschrat aus dem Dunkel angehumpelt kommt und mir den Schlüssel vor die Füße wirft, bevor er sich umdreht und nörgelnd wieder im Wald verschwindet. 

Im großen, dunklen Gasthaus, in dem niemand außer mir ist, finde ich mein Zimmer – und dann funktioniert das WLAN nicht und der Ofen kann nur zwei Hitzestufen: kochend heiß oder gar nicht. 

Zwei Tage bin ich dort und erkläre Elfen, wie sie den betreuungsbedürftigen Weihnachtsmann unterstützen können, damit er lernt, seine Geschenke selbst zu verpacken. Die Tage in Klein-Elfen-Hintertupfingen sind entbehrungsreich und zäh. 

Am zweiten Tag stehe ich im Seminar, die Elfen machen Kleingruppenübungen, verkleiden sich als Weihnachtsmann, der sich besonders blöd anstellt, eine hat sich schon selbst komplett in Klebeband eingewickelt, eine hat sich die Hand am Geschenkpapier geschnitten, eine hat einen Lachkrampf, weil sie als Weihnachtsmann aus Versehen gepupst hat und eine andere schmollt, sie fände Rollenspiel kindisch und mache das nicht mit.

In der Pause sehe ich eine Nachricht von meiner Nachbarin, sie habe ein Paket mit Zaubertrankpulver für mich, das komisch riecht, warum ich das nicht abhole, sie wohnt doch genau gegenüber? 

„Sorry, ich bin Nähe Elfendorf, heute Abend wieder da!“

Ihre Antwort:

„Wie toll! Schönen Urlaub! Erhol dich gut. Hurra-Emoji.“

Am liebsten möchte ich ihr eine Sprachnachricht ins Handy brüllen: „Glaubst Du im Ernst, ich mache Urlaub?! In ELFENDORF?! Freiwillig?! Bin ich bekloppt, oder was?!““

Weil ich ahne, dass sie meine Abneigung gegen die Elfen-Region nicht teilt, schreibe ich nur

„Danke, bin aber zum Arbeiten hier.“

„Oh, dann hoffe ich, dass Du noch ein bisschen Zeit für Erholung dort findest.“

Am Fenster trottet in diesem Moment ein Bär vorbei, der sich kurz auf die Hinterbeine stellt, um in den Raum zu gucken. Er macht eine Handbewegung, kurz danach kommt auch noch ein Wolf, beide stehen vor dem Fenster, zeigen mit den Pfoten auf uns und kichern, bis ich die Vorhänge schließe.

Auf dem Rückweg halte ich beim Bauern und nehme mir frische Eier mit, 40 Stück. Den Honig lehne ich ab, auf dem Glas ist der Abdruck einer schmutzigen Bärentatze. Das Zeug kann er jemand anderem verkaufen.

Als ich das Paket bei der Nachbarin hole, sagt sie: „Ach, Du hast so einen tollen Job! Du reist beruflich dahin, wo andere Leute Urlaub machen. Beneidenswert.“

6 Kommentare Ein… wo andere Urlaub machen

  • Ähnlichkeiten mit real existierenden Orten und Verhältnissen sind bestimmt völ-lig unbeabsichtigt!

  • Phantastisch ,freue mich so sehr,dass ich das heute Abend lesen darf-danke dafür ❣️
    Ich liebe deinen Schreibstil und das eigene Gedankenmachen (können)dazu….
    Ich erkenne gerade soviel Parallelen was zu mir so gesagt wird …….“Hach was du machst-das haben andere Elfen als Hobby und bekommen kein Geld dafür……..“

  • Liebe Yvonn, demnächst wird Dir noch der Titel „Oberelfe“ verliehen! 🙂

  • Da klingen mir die Worte meiner Mutter in den Ohren.
    Augen AUF bei der Berufswahl……
    Ich wünsche dir eine elfenfreie wundervolle Weihnachtszeit.
    LG Andrea

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