Vor ein paar Wochen schrieb ich hier über die „Aufzucht einer gepflegten Depression“, und wie wir selbige mit ein paar pfiffigen, destruktiven Gedanken nähren können. 

Mein Vorschlag war, mal gründlich Bilanz zu ziehen, ob wir diese destruktiven Gedanken wirklich weiter in unserem Kopf wohnen lassen wollen.

Achtung: das Management der eigenen Gedanken ist kein Allheilmittel. In der akuten Krise braucht es definitiv professionelle Hilfe und mehr als positive Gedanken. Für den Alltag kann es jedoch ganz hilfreich sein, mal zu prüfen, ob unsere Denkmuster nicht einen gut gedüngten Nährboden für die nächste Krise bieten.

Daher: So wie Marie Kondo vorschlägt, beim Ausmisten die eigenen Habseligkeiten in die Hand zu nehmen und kritisch zu fragen: „Does this spark joy?“, könnten wir unsere eigenen Gedanken ausmisten, in dem wir sie intensiv betrachten und uns fragen: „Does this spread depression or anxiety?“ – Wenn die Antwort „Ja!“ ist, dann raus damit.

Heute:

Prophezeiungen machen: Eigentlich möchtest Du endlich ein Buch schreiben (oder dieses tolle, neue Hobby anfangen oder Deine Finanzen sortieren), aber Dich wird ja sowieso niemand lesen und kein Verlag wird Dich nehmen und für Selfpublishing bist Du zu dämlich, Du kannst eben nicht mit Geld umgehen, Du bist motorisch zu ungeschickt für das Hobby, also lass es lieber gleich!

Immer das Schlimmste erwarten, immer davon auszugehen, dass wir alle – und vor allem Du! – zum Untergang verurteilt sind, bremst alle kreativen Ideen aus und hindert uns daran, mal die Dinge auszuprobieren, die uns vielleicht Spaß machen.

Nein, ich bin kein Fan von dem Satz „Was würdest Du tun, wenn Du wüsstest, dass Du nicht scheitern kannst?“, denn Menschen mit diesem Muster können in Bruchteilen von Sekunden 35 Argumente aufzählen, warum sie scheitern werden.

Mein Lieblingsmotivationssatz ist von Liz Gilbert: „Welche Tätigkeit liebst Du so sehr (oder ich ergänze: macht Dich so neugierig), dass Du sie tun möchtest, selbst, wenn garantiert ist, dass Du scheitern wirst?“

Zur Erinnerung: Niemand kann die Zukunft vorhersagen, es könnte sein, das es klappt. Es könnte sein, dass es nicht klappt. Oder Du schreibst das Buch, das kein irrer Erfolg wird, Du  lernst dabei aber andere tolle Frauen kennen, die auch Spaß am Schreiben haben. Du lernst, wie Du einer Graphikerin erklären solltest, was Du Dir für ein Cover vorstellst. Was Du alles lernen kannst!

Wenn wir etwas Neues ausprobieren, dass uns magisch anzieht, dann machen wir Selbsterfahrung im besten Sinne! 

Gerade Frauen meiner Generation wurden leider dazu erzogen, Risiken und Gefahren um jeden Preis zu meiden. Scheitern oder Fehler machen sind ganz schrecklich und enden immer mit Untergang und Tod. Einige von uns haben also eine Dauer-Alarmanlage im Kopf „Das wird alles schief gehen!“

HInzu kommen solche Mantras wie „Bloß nicht blamieren! Sei immer schön perfekt und schlank und hübsch und easy to handle, lovely to care. Niemand will sehen, wie Du Dich im Schlamm auf die Nase legst.“ 

Und am Ende immer die allgegenwärtige Drohung: „Nachher findest Du keinen Mann!“

Woah.

Ok, in einer Hinsicht mag das stimmen: Du findest keinen Mann mit Humor, wenn Du die verrückten Ideen ausprobierst, die Dein Herz höher schlagen lassen. 

Und wer, bitte, möchte einen Mann ohne Humor?

Abgesehen davon (Achtung, jetzt folgt etwas ganz Verrücktes), es scheint inzwischen wissenschaftlich bewiesen, dass sehr, sehr viele unterschiedliche Lebensentwürfe sehr gut funktionieren können – und glücklich machen: mit Mann, ohne Mann…

Ihr seht, dieses Prophezeiungen machen tritt oft Hand in Hand mit der Neigung zum Katastrophisieren auf: Immer vom Schlimmsten ausgehen! Immer annehmen, dass alles in einer schrecklichen Katastrophe enden wird.

Wenn wir diese beiden negativen Gedankenmuster noch mit dem Mind-Reading verbinden, wenn wir uns also einreden, wir wüssten, dass alle schlecht über uns denken, uns ablehnen oder uns kritisieren, wenn wir das tun würden, wovon wir träumen, dann wird die Luft beim Atmen schön eng. 

„Was sollen denn die Nachbarn sagen?“ war schließlich nicht umsonst in vielen Familien jahrelang ein echtes Argument in Auseinandersetzungen. Und sorry, aber wenn Du nicht Gedankenlesen kannst, dann weißt Du nicht, ob ein, zwei Nachbarn nicht doch denken: „Wow, die hat ein wirklich tolles, neues Hobby und richtig Spaß im Leben. Klasse!“

Die meisten von uns haben das Glück, dass sie nicht mehr 13 sind und sich in einem Klassenraum voller Teenies unter Beweis stellen müssen; Teenies, die alle durch massive Krisen gehen und so unzufrieden mit sich selbst sind, dass sie mit Begeisterung über andere lästern, um sich besser zu fühlen.

Hm.

Kleiner Warnhinweis: Wenn wir selbst in unserem Kopf ständig andere Leute kritisieren, mies machen und an ihnen rummäkeln, dann können wir uns vielleicht gar nicht vorstellen, dass andere in der Lage sind, sich mitzufreuen oder jemanden etwas zu gönnen.

Noch ein Vorschlag: Probier das mal ein paar Tage: Immer, wenn Du siehst oder liest oder davon hörst, dass jemand etwas Gutes passiert, versuch Dich für ihn mitzufreuen. 

Wenn diesem Menschen etwas Gutes passiert, ist das der Beweis, DASS Menschen gute Dinge passieren können. Du bist ein Mensch. Das könntest Du sein!

Einfach mal ausprobieren. Kostet ja nichts!

Macht’s Euch fein.

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Gesundheit, Selbstfürsorge,

Letzte Änderung: 1. September 2021