Na, Ihr? So? Ersten Feiertag überstanden?

Also, wo war ich? Ach ja: Gefühle. Wozu eigentlich diese ganzen Gefühle und warum soll man die alle spüren und war das wirklich nötig? Wie fasse ich das kurz, für diejenigen, die keine Lust haben, meine endlosen Texte zu lesen? Wenn eine Tomatenpflanze, mit der wir freundlich sprechen, 500g mehr Ertrag bringt als eine, mit der nicht gesprochen wird (Link unten), dann spielen Gefühle bei Lebewesen wohl eine ziemlich große Rolle. So eine große Rolle, dass wir uns mit ihnen befassen sollten.

Die meisten von uns würden es vorziehen, nur positive Gefühle zu haben und die negativen nicht zu spüren. Sich jeden Tag so fühlen, als ob man auf einem rosa Einhorn zu seinem Delphin-Freund reitet, scheint besser als eine dunkle Höhle voller Monster, die einem zuflüstern, wie wertlos man ist.

Das erklärt ziemlich banal, warum Menschen bereit sind, die beklopptesten Dinge zu tun, um ihre Angst, ihre Wut, ihren Kummer und ihre Einsamkeit nicht zu spüren.

Weil ich ein pflichtbewusstes Wesen bin, muss ich leider eine Beobachtung mitteilen: wenn wir die negativen Gefühle nicht aushalten und wegmachen, dann werden wir die positiven irgendwann auch nicht mehr spüren, sondern abstumpfen. Kein Einhorn ohne Monster.

Gefühle können nicht selektiv betäubt werden. Ja, glaubt mir, das ist eine der ärgerlicheren Erkenntnisse, wenn frau in meiner Branche arbeitet

Alle Hilfsmittelchen, die negative Gefühle mildern, greifen ins komplette System ein und führen langfristig zu emotionaler Abstumpfung; ob das jetzt Alkohol ist oder Essen oder pharmakologische Helferlein oder sinnloses Shoppen. Ja, blöd, ich weiß. Wenn ich das Monster kille, stirbt das Einhorn auch.

In meiner Arbeit habe ich eine ganze Reihe von Menschen kennengelernt, denen der Zustand der Abstumpfung deutlich lieber war, als die Rückkehr zu ihrer vollen emotionalen Bandbreite, ganz einfach, weil sie so schwer traumatisiert waren, dass selbst ein Einhorn keine erfreuliche Aussicht war. Denn manche Monster sind schrecklicher als andere.

Bedauerlicherweise ist die menschliche Gefühlsstruktur so, dass wir unsere positiven Gefühle deutlich mehr zu schätzen wissen, wenn wir negative erlebt haben. Wenn ich schon mal Monster getroffen habe, dann falle ich dem nächsten Einhorn um den Hals und knutsche es ab.

Es gibt noch mehr bedenkliche Nachrichten: Wenn wir negative Gefühle (und die dazu gehörigen schwierigen Zeiten) überlebt haben, stärkt es oft unser Selbstbewusstsein und unser Mitgefühl. Sie sind also wichtig für unsere Entwicklung. Und nicht zuletzt: negative Gefühle sagen uns oft, welche Entscheidungen gerade wirklich dran wären.

Gerade negative Gefühle sind die Kontrolllämpchen im Cockpit unseres Gehirns. Wenn beim Auto die Tankleuchte rot leuchtet, sagen wir ja auch nicht: „Boh, das sieht ja sch***e aus!“ und kleben einen Hello-Kitty-Aufkleber drauf.

Genau das tun wir aber, wenn wir unsere negativen Gefühle ausblenden oder betäuben. Sinnvoller ist tatsächlich: Die Gefühle wahrnehmen, ernst nehmen und gucken, ob Handlungsbedarf besteht. Gucken, woher die Monster kommen und was sie brauchen.

Ja, ich finde es auch eine Frechheit, wie leicht das klingt und wie schwierig das ist. Auf dem nächsten Spaziergang, wenn Euch ein wenig langweilig ist, stellt Euch doch mal vor, Ihr könntet ein unverfängliches Pläuschchen mit dem Monster halten und es fragen, was es von Euch braucht.

Für heute wünsche ich Euchrosa Einhörner mit rosa Pfingstrosen!

Macht’s Euch fein.

Kategorisiert als:

personal growth, Selbstfürsorge,

Letzte Änderung: 30. Juli 2020

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