Na, Ihr besten aller Liebsten?
Wo war ich stehen geblieben? Ach ja, die Sache mit dem direkten Ansprechen von Konflikten. Lassen wir mal den Kirschkuchen, die Zahnpastatuben und die kleinen Ärgernisse des Alltags beiseite. Wenn wir einen Fridolin in unserem Leben haben, ob das nun ein Elternteil, ein Partner oder ein anderer Verwandter gibt, dann ist da jemand, der uns massiv schädigt und gegen den wir uns nicht wehren.
Für das Nicht-Wehren gibt es mehrere Gründe.
Zum einen und vor allem: die Angst. Üblicherweise sind wir so eingeschüchtert und so verzweifelt, dass wie keine Kraft aufbringen, uns zu wehren. Würde das nicht alles noch schlimmer machen? Sitzt der andere nicht am längeren Hebel?
Hinzu kommt: Der Mensch, der uns schädigt, ist nicht ausschließlich böse. Er/sie kann trotzdem gut aussehen, eloquent sein, charmant und vielleicht sogar witzig. Er kann einen interessanten Job haben und ausgezeichnet Tuba spielen. Wenn er hässlich und dumm wäre, dann wäre es ja einfach, ihm aus dem Weg zu gehen.
Der gleiche Mensch, der uns demütigt, erniedrigt, schlägt oder betrügt, kann zu anderen Zeiten zuckersüß sein. Naja, vielleicht eher Stevia-süß, weil völlig gehaltlos.
Die für mich viel interessantere Frage ist: warum halten wir an so einem Menschen fest? Warum versuchen wir immer wieder, es diesem Menschen Recht zu machen, anstatt ihn/sie aus unserem Leben zu entfernen? Warum laufen wir der Anerkennung dieses Menschen hinterher?
Um das zu verstehen, hilft es sich den Beginn der Beziehung anzugucken: Gerade am Anfang der Beziehung überschüttet uns dieser Mensch gerne mit Anerkennung, Zuwendung oder dem Versprechen, bei uns zu bleiben.
Leider gibt es Lebensphasen, in denen wir für die Avancen solcher Menschen besonders verführbar sind. Das sind Phasen, in denen wir uns einsam, schwach und elend fühlen. In Krisen sind wir so bedürftig und ausgehungert nach Zuwendung, dass wir uns mit bedauernswert Wenig abspeisen lassen und dass wir denken, mit diesem Partner käme endlich die Sonne in unser Leben.
Schlimmer noch: unser Selbstbewusstsein ist so mickrig und unsere Einsamkeit so riesig, dass wir bereit sind, für ein bisschen Zuwendung und Aufmerksamkeit unsere Seele zu verkaufen. Wir sind verzweifelt auf der Suche nach dem einen Menschen, der uns endlich liebt.
Das kann am Beginn unseres Lebens sein, wenn wir klein und verletzlich sind und gar nicht die Wahl haben zu unseren inadäquaten Eltern zu sagen: „Boh, Du machst hier einen echt miesen Job als Mutter oder Vater. Ich suche mir etwas anderes.“
Das kann aber auch zu einem späteren Zeitpunkt in unserem Leben sein, wenn wir gerade krisengeschüttelt sind.
Und – Ihr ahnt es schon – auch das lässt sich ausgezeichnet miteinander kombinieren. Gerade, wenn am Anfang die Basis nicht stimmt, wenn wir das Gefühl, bedingungslos geliebt zu werden, gar nicht aus unserer Kindheit kennen, dann landen wir oft in Freundschaften und Partnerschaften, die dieses lieblose Muster wiederholen.
Wir müssen natürlich auch neidlos anerkennen, dass bestimmte Menschen ein Händchen dafür haben, Dinge so zu drehen, dass wir denken, es läge an uns, wenn sie plötzlich schlecht gelaunt, und ausfallend werden. Wer ohnehin kein gesundes Selbstbewusstsein hat, lässt sich durch ein paar gezielte Vorwürfe in ein Netz von Schuldgefühlen einwickeln.
Einige Menschen haben Fridolin-Qualitäten: Wenn sie jemanden finden, zu dem sie eine Beziehung möchten, dann bauen sie emotionale Abhängigkeiten auf. Emotionale Abhängigkeiten, die geprägt sind von einem Spiel zwischen Aufwertung und Erniedrigung, einem Wechsel zwischen heiß und kalt. Ein Spiel, bei dem sie so lange wie möglich dem anderen das Gefühl vermitteln: „Du bist schuld. Du bist nicht gut genug.“
Das funktioniert in der Regel so grandios, dass wir völlig vergessen, wie stark und liebenswert wir wirklich sind. Und dass wir so einen Mist nicht verdient haben. Früher oder später sitzen wir in der Ecke wie ein Kampfhund, dem man vor langer Zeit mal eine Kralle durchs Gesicht gezogen hat und wehren uns nicht mehr.
Wir werden dominiert von der Angst, die aus irgendeiner Vergangenheit stammt, die gut konditioniert ist und lassen uns behandeln wie den letzten Dreck. Ob das Beleidigungen, Erniedrigungen, Betrogen werden, tägliche Schikane oder finanzielles Ausbeuten ist – wir wehren uns gegen nichts.
Aber wir lassen andere für unser Leid bezahlen.
Vermutlich kommt dieses Thema ja noch einmal zurück als die Rückkehr des Fridolin.
Macht’s Euch fein!