Und? Ihr so? Alle?
Mindy hat mir schon wieder geschrieben. Langsam wird es etwas aufdringlich. Habe ich ihr Hoffnungen gemacht? Habe ich irgendwie den Eindruck erweckt, mein Email-Postfach sei zu leer? Ja, ich bin bei Mindy unter Vertrag und nutze eine App, die sie bietet. Neuerdings meint Mindy aber, mich mit dem ständigen Bombardieren von Emails dazu motivieren zu wollen, dass ich auch in ihrem Shop einkaufe.
Aber nicht nur Mindy schreibt mir ständig. Auch mein neuer Handyvertragspartner. „Hallo, wir sind da! Wir sind toll! Wir haben fantastische Kundenbindungsinstrumente, nämlich: Emails mit völlig überflüssigem Inhalt! Und wir sind bereit, diese Emails zu benutzen und spamen Dich damit zu, aber mit voll freundlichem Vokabular. Mit „Hey!“ und „Cool“ und „Jetzt ganz neu!“
Wer immer es im Marketing war, der diese Idee erfunden hat, es würde Kunden binden oder zum Kauf animieren, wenn man sie mit Nachrichten überschüttet, kennt mich und meinen gesamten Freundeskreis nicht. Ach ja und die Leute, mit denen ich arbeite auch nicht. Bedrängt und genervt werden, zugepamt zu werden, ist für mich ein Zeichen von fehlender Seriosität. Das führt dazu, dass ich mich nach anderen Anbietern umschaue – und üblicherweise zur Konkurrenz wechsele.
Es ist eine bestimmte Sorte von Marketing-Menschen, die ernsthaft glauben, Aufdringlichkeit führe zum Ziel. Bei manchen Kunden mag das so sein. Langfristige Kundenbindung schafft es nicht. Eine gute Beziehung zum Unternehmen auch nicht.
Nicht genervt werden, sondern gute Leistung führt bei mir dazu, dass ich einen Service nutze und weiterempfehle. Das Preis/Leistungsverhältnis spielt definitiv eine Rolle. Aber nicht die Kontaktintensität. Guter, schneller Service hingegen ist etwas, das mich als Kundin überzeugt und – da wird jetzt die ein oder andere überrascht sein – zu Weiterempfehlung führt. Mieser Service bringt mich früher oder später zum Wechsel.
Womit wir bei so ziemlich jedem Handyanbieter wären, bei dem ich je unter Vertrag war. Üblicherweise beginnt es wie in jeder dysfunktionalen, romantischen Beziehung mit leeren Versprechungen und Komplimenten. Dann kommt das Ja-Wort und schon sinkt das Interesse. Bestandskunden bei Handyanbietern sind anscheinend die unwichtigste Gruppe, denn denen kann man die Preise erhöhen, ihre Beschwerden und Anliegen ignorieren, und Service muss man auch nicht mehr bieten.
Mein neuer Handyanbieter schreibt mir zwar fast jeden Tag eine unnötige Email, schafft es aber nicht, meine alte Rufnummer zu portieren. Weil er dafür mein falsch eingetragenes Geburtsdatum ändern müsste. Wozu ich ihm sofort eine Kopie meines Ausweises schickte. Nach zehn Tagen und drei Telefonaten und dem von mir mantramäßig gesprochen „Mit wem muss ich sprechen, damit Sie mein Geburtsdatum ändern“, wurde ich schließlich mit jemanden verbunden, dessen Deutsch wirklich ausgezeichnet war und der wenigstens behauptete, es ändern zu können.
Womit wir beim nächsten Drama wären: Das Call-Center, das wir aus Kostengründen ins Ausland verlegen. Kleines Problem: Telefonservice erfordert unglaublich gute Sprachkenntnisse, um Zwischentöne und Anliegen zu verstehen. Nicht jede Anruferin, die ein technisches Problem hat, kann das auch mit Fachbegriffen der Muttersprache beschreiben. Geschweige denn, dass nicht jedes Problem im Servicehandbuch des Call-Centers zu finden ist. Geschweige denn, dass ich auch gern verstehen würde, was das andere Ende meiner Telefonleitung sagt.
Zumindest ich wäre gern bereit, mehr für eine Dienstleistung zu bezahlen, wenn ich damit Arbeitsplätze im eigenen Land unterstützen kann und vor allem jemanden spreche, der Ahnung hat. Dass in der Realität nicht immer beides auf dem gleichen Ast wächst, ist mir durchaus auch klar. Allerdings kenne ich durchaus ein paar Firmen, die sich die Kritik zu Herzen genommen haben und in den letzten zehn Jahren Ihren Service kulturentsprechend verbessert haben.
Der Begriff „kulturentsprechend“ ist vielleicht ein bisschen erklärungsbedürftig. Wenn ich in Berlin unterwegs bin, möchte ich von einem Servicemitarbeiter nicht 30 Mal mit meinem Namen und einem künstlichen Lächeln angesprochen werden. Ich möchte nicht Opfer eines amerikanisierten Servicetrainings werden. Mir reicht völlig, wenn ich nicht angepöbelt werde.
Bei einer Autovermietung fragen die Mitarbeiter jedes Mal jovial: „Und was haben Sie Schönes vor? Wo soll’s hingehen?“. In manchen Momenten möchte ich antworten: „Erst drei meiner Feinde mit dem Auto überfahren und dann die Leichen im Kofferraum zum See fahren.“
Die Frage wird übrigens lediglich zur Abklärung gestellt, ob ich mit dem Wagen ins Ausland fahre, weil dann eine andere Versicherung erforderlich ist – immerhin dieses Geheimnis konnte ich lüften. Aber hat der Servicetrainer nie damit gerechnet, dass jemand auch einen Wagen mietet, der nichts Schönes vorhat? Kann er nicht wie bei anderen Anbietern einfach fragen: Bleiben Sie mit dem Wagen in Deutschland?
In wenigen Tagen wird das Qualitätsmanagement des Autovermieters bei mir anrufen und mich nach einer Bewertung des Service fragen. Dann werde ich sagen, was mir alles nicht gepasst hat und was mit wenig Aufwand zu verbessern wäre. Und dann wird Mindy mir wieder schreiben und mich dazu drängen, ein Küchenzubehör oder einen Fitness-Tracker zu kaufen.
Für heute: Macht’s Euch fein.
Um Gottes Willen, Du meinst, das wird schlimmer, wenn man kündigt? Ach Du….
Könnt fast so ausgelegt werden
Meine liebe Claire, du beklagst dich über Mindymails für deren Shop. Na dann wage bloß nicht das Abo dort zu kündigen und diese Lündigung auftecht zu erhalten. Weil dann kannst du dich über UNFASSBAR GÜNSTIGE neue Abokonditionen freuen. Täglich . Andere. Und Shopangebote, auch täglich. Auch andere. Und jeder 2te Werbepost auf FB oder Insta … alles Mindy …
Ich grüß dich lieb und freu mich jedesmal was neues von dir zu lesen Grüßle von ehemals LaFeeve