Guten Abend, Ihr Besten!

Mein Eindruck ist, dass ich heute bei diesem sonderbaren Wetter in der Mutterstadt mal zwei Sätze über das Rabattmarkenheft schreiben sollte. Näää, nicht das aus dem Supermarkt um die Ecke, in dem wir jetzt alle Punkte sammeln können, um ein Sushi-Messer-Set für 79,00€ anstatt für 138,99€ zu erwerben.

Es geht um das Rabattmarkenheft der Herzen. Oha, das klang komisch. Ich muss wohl mal wieder beim Gojibeeren-bestreuten Urschleim anfangen (bestreut eigentlich noch irgendwer irgendwas mit Gojibeeren oder sind die schon wieder out?).

Kurzer Psychotest (Hab ich das grad wirklich geschrieben? Psychotest? Wollen wir das? Ach, naja, das WE steht vor der Tür, mein Tee ist gerade fertig und die Alternative wäre, den frisch gewaschenen Bezug wieder auf den Sessel zu quetschen. Puh, dann lieber Psychotest.) Ok, hier geht’s los:

(Also, Euch ist schon klar, dass das keinerlei wissenschaftlichen Wert hat, was ich hier mache oder? Am Ende wird rauskommen, dass Du „der Sommertyp“ bist und keine kalten Getränke mit rosafarbenen Schweinchen kombinieren solltest.) Wo war ich? Ach ja, Psychotest. Ich hau mal ungefiltert ein paar Fragen raus und Ihr beantwortet die im Kopf mit  „Jo, schon irgendwie“ oder „Nä, nä, näää also wirklich nicht.“

1. Ich helfe, wo ich kann, wann ich kann

2. Wenn der Kommentar eines anderen mich ärgert oder kränkt, sage ich erstmal nichts. Vielleicht habe ich ihn falsch verstanden

3. Wenn jmd etwas Blödes sagt oder tut, dann versuche ich zu verstehen, warum er das tut

3a) Wenn mir eine gute Entschuldigung oder Rechtfertigung für sein/ihr Verhalten einfällt (der hat Hunger, schlechte Laune, hatte eine schlimme Kindheit, es sicher nicht so gemeint), dann versuche ich über das Blöde hinwegzusehen

3b) Wenn mir keine Entschuldigung einfällt, dann vermute ich, dass ich zu empfindlich bin oder dass mit mir irgendwas nicht stimmt

4. Ich ziehe mich manchmal zurück, wenn ich sehr gekränkt bin, versuche aber, mir nichts anmerken zu lassen.

5. Wenn der/die andere sich auch nur halbherzig entschuldigt, bin ich sofort ohne weiteres Nachdenken bereit einzulenken und das Geschehen herunterzuspielen („Ja, war ja nicht so schlimm, kann ja mal passieren“)

6. Es fällt mir schwer, auch kleine Bedürfnisse oder Wünsche oder Empfindungen auszusprechen, weil ich mein Gegenüber nicht vor den Kopf stoßen möchte (zB. das Menschen in meiner Wohnung die Schuhe ausziehen sollen oder dass nicht gern Kräutertee trinke oder Bier eklig finde)

7. Es fällt mir schwer, „Nein“ zusagen, wenn jmd mich um etwas bittet

8. Wenn ich einem anderen einen Wunsch oder eine Bitte erfülle, denke ich schon auch mal im Hinterkopf, dass der andere sich ja vielleicht irgendwann dafür revanchiert, fordere aber es nie ein

9. Es fällt mir schwer, andere um Hilfe oder Unterstützung zu bitten, wenn ich sie brauche

10. Nach Kränkungen/Verletzungen/Grenzüberschreitungen oder wenn jemand immer nur meine Hilfe nutzt, sich aber nie revanchiert, bleibt bei mir eine klitzekleine Narbe zurück

Und? Ihr Süßen, ich geb Euch jetzt keine Zahl vor, im Sinne von: „Wenn Du drei Mal  mit „Ja“ geantwortet hast, dann… sondern machen wir mal Folgendes: Wie ging es Euch beim Lesen dieser Aufzählung? Mit jeder Zeile schwermütiger? Trauriger? Ärgerlicher? Habt Ihr Dinge wiedererkannt?

Wenn dem so ist, dann führt Ihr möglicherweise etwas, das ich in meinen Workshops als „das Rabattmarkenheft der Herzen“ bezeichne. Wie funktioniert so ein Rabattmarkenheft der Herzen?

Jedes Mal, wenn uns etwas kränkt oder ärgert oder wenn wir uns ausgenutzt fühlen, kleben wir in unserem Herzen eine Rabattmarke in ein Heftchen. Wir rasten nicht aus, wir schreien nicht rum, wir weinen nicht, wir zeigen unseren Ärger oder unsere Wut nicht.

Zum einen, weil wir glauben, dass unsere Gefühle vielleicht keine Berechtigung haben, zum anderen, weil wir den anderen nicht verlieren oder brüskieren wollen (der/die soll uns ja weiter mögen) und zum dritten: weil wir uns selbst nicht leiden können, wenn wir ausrasten. Echt wahr. Das gibt’s.

Nun passiert es allerdings früher oder später, dass dieses Rabattmarkenheft voll ist. Krawumm. Die letzte, kleine Kränkung, der kleine, blöde Spruch und plötzlich macht es PENG. Wir rasten aus. Wir sind stinksauer und wütend und schlagen um uns.

Unser Gegenüber ist völlig verdutzt und überrascht und – machen wir uns nichts vor – bezieht diesen Ausraster nicht auf sich. Schließlich haben wir ihn/sie ja bei den 100 andere Scherzchen, blöden Sprüchen, Ausnutzereien etc. niemals konfrontiert. Wahrscheinlich haben wir nur einen schlechten Tag oder sind hysterisch und müssen uns mal wieder beruhigen.

Noch viel tragischer ist, was bei uns im Kopf nach diesem Ausrasten passiert: Wir machen uns Vorwürfe. Jetzt ist es also doch passiert, wir sind ausgerastet, dabei wollen wir nicht so sein, so wütend, so haltlos, in Tränen aufgelöst und sauer rumschreiend… Wir haben es MAL WIEDER nicht geschafft, uns zusammenzureißen. Boh, Ej. Was wir also dringend tun müssen: wir müssen uns strenger kontrollieren und diese Schwäche ausmerzen. Wir brauchen ein größeres Rabattmarkenheft!

(Fortsetzung folgt)

Macht’s Euch fein!

 

 

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Inneres Kind, personal growth,

Letzte Änderung: 30. Mai 2020