Guten Morgen, Ihr Besten.
So, macht doch bitte mal Platz, damit die Tante Claire den Unterschied zwischen Disziplin und Verzicht erklären kann. Nein, dazu musst du jetzt keinen Keks essen. Der Text hat hier keine 5.000 Zeichen, das schaffen wir doch wohl ohne Keks. Ok, dann nimm einen, aber schreib ihn fein auf.
Wo war ich? Ach ja. Zusammenreißen. Disziplin. Hach ja. Das denken wir übrigens fast alle, wenn wir hier anfangen und für 3, 4 Wochen schaffen wir das auch. Sich einfach mal den kulinarischen Blödsinn verkneifen. Nur vernünftige Entscheidungen treffen.
Nach ein paar Wochen kommt der Punkt, an dem die meisten von uns das nicht mehr wollen oder können und die Nase voll haben. Dann kommen die Pommes und mit den Pommes das: Ich hab‘ halt keine Disziplin, dann geht jetzt auch die Käsesahnetorte mit Salami (wo sie nämlich hingehört, liebe Melli)
Disziplin ist ein trügerischer Freund, mit dem wir üblicherweise eine heiße Affäre für ein paar Wochen haben, in denen wir uns fühlen, als ob uns die Sonne aus allen Körperöffnungen scheint.
Für die ohne Essstörungen, die es in der Weihnachtszeit mit den Keksen übertrieben haben, für reicht ein paar Wochen „Disziplin“. Aber ich wage zu bezweifeln, dass das die gleiche Gruppe ist wie wir. Unser Problem besteht meist jahrelang. Es handelt sich nicht nur um zwei Kilo, die weg sollen. Ebenso wage ich zu bezweifeln, dass wir einfach maßlos waren, weil uns die Disziplin fehlte.
Ich wage das zu bezweifeln, weil ich hier seit fünf Jahren aufmerksam mitlese. Ich lese Geschichten von Einsamkeit, von Überforderung, von zu großer Verantwortung, die geschultert werden muss, von zu wenig Unterstützung, von Einzelkämpferinnen, die neben den Schicksalsschlägen auch noch die Versorgung von Kindern, Eltern und manchmal Partnern schultern müssen. Von finanziellen Belastungen und schweren Krankheiten. Und immer, immer wieder von Lieblosigkeit, Kälte und seelischer Grausamkeit im Umfeld.
Muss ich noch erwähnen, dass Essen über all das hinweg tröstet? Dass es ablenkt, beruhigt und erheitert.
Dass es darüber hinweg täuscht, dass uns – in irgendeinem Bereich – die Süße des Lebens fehlt?
Anstatt sich mit Geduld und Mitgefühl zu begegnen, anstatt zu gucken, welche dieser Ursachen wir angehen müssen, um uns nicht mehr ewig ausgehungert und zu kurz gekommen zu fühlen, verlangen wir jetzt auch noch Disziplin von uns. Yep.
Wie kann man nur so herzlos mit sich selbst sein?
Also, ich bleibe dabei: irgendwann muss man anfangen nach der Ursache zu gucken. Dabei kann Disziplin eine große Hilfe sein. Wenn Ihr Euch drei Wochen komplett jeden Schnickschnack verkneift und nur kalorienarm esst, dann kochen die Gefühle hoch, die ihr sonst betäubt. Das ist das Thema, was wir angehen müssen.
Was also stattdessen? Meine Erfahrung ist: es muss lecker und verwöhnend bleiben, nur müssen wir dieses „Verwöhnen“ neu definieren. Bei mir war es früher Nudeln mit Käsesahnesoße in unbegrenzten Mengen. Es erforderte eine Menge Experimente, bis ich gesündere Alternativen gefunden habe und ja, die #Lasagnesuppe ist definitiv eine davon! Oder eben salzige Gemüsebrühe mit Unmengen Gemüse (Minestrone) und ein paar Tortellini drin, statt der Tortellini in Käsesahnesoße.
Mir war auch erst beim zweiten Start hier klar, dass Disziplin mich über drei Monate bringt. Wenn ich dauerhaft mein Gewicht auch nur annähernd halten und nicht wieder völlig entgleisen will, dann brauche ich eine Methode, die ich bis an mein Lebensende durchhalten kann.
Was einige von Euch Disziplin nennen, war bei mir das Loslassen. Die Idee loslassen, dass ich alles essen kann/darf/muss, was mir angeboten wird. Ich musste lernen mich zu fragen: Ist mir dieses Zeug hier gerade die Punkte wert, die mir nachher am Parmesan für meine Suppe fehlen werden? Für mich ist das mehr Prioritäten setzen.
Es gab Abschiede von den Gewohnheiten, die mich absolut maßlos machen. Butter Toast zum Frühstück. Toastbrot – bzw überhaupt Brot ist eine besondere Ausnahme, nicht mehr Alltag. Für das Kind kaufe ich abgezählt Brötchen; das sind ihre, an die gehe ich nicht ran. Im Alltag bin ich auf Knäckebrot umgestiegen (was ich immer sehr gern mochte) und ja, wenn es in mir nach Brot schreit, dann backe ich eben Dinkelfloh-Quarkbrötchen.
Apropos: Das Frühstück naht! Später mehr
Macht’s Euch fein!
