Frankie says „Relax“

Na, Ihr Besten?!

Gerade eben erhielt ich auf Instagram eine Werbeanzeige für ein spirituelles Gebärmutter-Reinigungsritual, durchgeführt von einer selbstgeweihten Priesterin. Ein Ritual, das nicht nur eine glückliche Partnerschaft, Gesundheit und Fruchtbarkeit, sondern auch die Lösung alle finanziellen Probleme verspricht. Dass es vermutlich die finanziellen Probleme der durchführenden Priesterin sind, fiel im Text elegant unter den Tisch.

Die spirituelle Schiene scheint marketingtechnisch gerade gut zu laufen. Neulich habe ich sogar bei Netflix entdeckt, dass sie dort jetzt auch Meditations- und Entspannungsvideos bieten. Als solches wurden sie zumindest angekündigt.

Weil ich ein experimentierfreudiges Wesen bin – und weil ich ja gerade auf der Suche nach Bewältigungsstrategien bin, konnte ich mich nicht beherrschen und habe ein paar der Videos ausprobiert. Auf diesem Wege konnte ich herausfinden, dass Netflix und ich entweder sehr unterschiedliche Auffassungen über Entspannung haben, oder dass – wer immer das produziert – ein sehr sonderbarer Mensch ist.

Diese Videos sind interaktiv, was bedeutet: während des Videos gibt es Wahlmöglichkeiten: Möchtest Du entspannen, meditieren oder einschlafen? Ah, Du möchtest Dich entspannen…
Wie fühlst Du dich denn gerade? Gestresst? Nervös? Oder Angespannt?

Blöd, wenn Du gestresst bist, weil Dich nervös macht, dass Du angespannt bist. Aber – hey! Diese Wahlmöglichkeiten irritieren mich, also probiere ich das einfachste:

Nehmen wir „Einschlafen“ als Wahlmöglichkeit. Einschlafen ist nie verkehrt, außer es ist am Steuer auf der Autobahn, aber wer guckt da schon Entspannungsvideos?

Nächste Wahlmöglichkeit:
Eine Sleepy Seeside (also eine schläfrige Küste) oder ein Buchladen mit Kamin?
Auch wenn der Kamin im Buchladen aus versicherungstechnischen Gründen vielleicht keine gute Kombination ist, aber lassen wir das mal beiseite.

Nein, das lassen wir nicht beiseite, weil wir jetzt angespannt, nervös und sorgenvoll sind und nun jederzeit vor unserem geistigen Auge sehen, dass aus dem Kamin ein Funke ins Bücherregal springt und den ganzen Laden abfackelt.
MannMannMann, wie soll frau sich da entspannen?

Ok, ok, durchatmen, wir nehmen den Buchladen und den Kamin, es ist ja nur ein Test. Schon erklingt das Geräusch eines fröhlich tanzenden und knisternden Feuers und… die britisch sprechende Stimme eines durchschnittlichen Serienmörders. Keine Ahnung, was er wirklich gesagt hat.

Was ich gehört habe, war: „Es mag sein, dass Du denkst, Du hast die Haustür abgeschlossen, aber das bildest Du Dir nur ein. Und selbst wenn du abgeschlossen haben solltest, es gibt viele Varianten jemanden in seiner abgeschlossenen Wohnung zu erstechen oder zu vergiften, so dass er einen langsamen und qualvollen…“
So in etwa. Also habe ich es wieder ausgeschaltet.

Probieren wir also die schläfrige Küste. Meine spontane Assoziation zum Thema „Meer“ ist definitiv eher wild und stürmisch, aber ok, irgendwo ist sicher ein freundliches, karibisches Plätzchen, das wir uns vorstellen können, dass eine Küste „Sleepy“ ist. Wenn Yoko Ono peace a Chance geben kann, dann können wir dem Meer eine Chance geben.

In diesem Meeresszenario spricht eine ganz freundliche Schlange Ka aus dem Dschungelbuch sehr langsam und verzögert mit uns, keine Ahnung was genau, aber im Hintergrund höre ich laut und vernehmlich Meeresrauschen. Plätscherndes Wasser. Tripfetropf.
Super.
Jetzt muss ich aufs Klo.

Es gibt alternativ auch noch „Moonlight Aquarium“. Nach Feierabend allein im geschlossenen Aquarium spazieren gehen, wo es dunkel ist und der freundliche Soziopath von Nebenan mit uns zusammen spazieren geht, Nemo findet, dessen Mutter tötet und Dori aufs Trockene legt, während er mit Bösewicht-Lachen zitiert „Fish are food! Fish are food, not friends“.

Dann wäre da noch das Entspannungsszenario „Countryside Train“, in dem der Serienmörder aus dem abgefackelten Buchladen genau so ins Mikro spricht, so dass einem seine Konsonanten im Kopf herumspuken.

Also, wenn ich vorher noch nicht gestresst und angespannt war, jetzt bin ich es. und hellwach. In Alarmbereitschaft.

Diese Dinger sind die richtige Einstimmung auf den Tag für Menschen mit niedrigem Blutdruck.

Sollte ich in Zukunft Schlafprobleme haben, gucke ich einfach wieder einen ganz normalen Actionfilm oder Jurassic Park. Keine bösen Überraschungen.

Macht’s Euch fein.

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Viel Spaß beim Lesen!